Beihilferecht vs. Vergaberecht – Was öffentliche Auftraggeber wissen müssen oder auch „Unwissenheit schützt vor Ärger nicht“
Das Gute vorweg:
Soweit öffentliche Auftraggeber ein ordnungsgemäßes Vergabeverfahren durchführen, sinkt die Relevanz des EU-Beihilfenrechts.
Sobald aber gewisse Verfahrensvorschriften verletzt wurden oder kein Vergabeverfahren durchgeführt wurde, drohen empfindliche beihilferechtliche Rechtsfolgen.
Hierzu einmal im Überblick:
Regelmäßig schließt die Durchführung eines ordnungsgemäßen Vergabeverfahrens bereits den Tatbestand einer Beihilfe nach Art. 107 Abs. 1 AEUV aus.
Hiernach sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen den Mitgliedsstaten beeinträchtigen.
Regelmäßig wird es bei der Durchführung eines ordnungsgemäßen Vergabeverfahrens bereits an der Begünstigung eines Unternehmens fehlen. Eine solche liegt nur dann vor, wenn dem Unternehmen ein wirtschaftlicher Vorteil durch eine entsprechende staatliche Leistung entsteht, das heißt die Gegenleistung nicht marktkonform ist. Bei der Durchführung eines offenen, transparenten, hinreichend bekanntgemachten, diskriminierungsfreien und bedingungsfreien Ausschreibungsverfahren im Einklang mit den Grundsätzen der Vergaberichtlinien wird die Marktkonformität der Gegenleistung hingegen vermutet.
Führt ein öffentlicher Auftraggeber jedoch kein ordnungsgemäßes Verfahren durch und schließt ein Vertrag über eine bestimmte Leistung ab und zahlt hierfür keinen marktüblichen, sondern überhöhten Preis, erhält er für seine Zahlung an das Unternehmen keine angemessene Gegenleistung.
Für diesen Fall greift also die Vermutung nicht. Es droht beihilferechtliche Ungemach.
Beihilferechtliche Bagatellschwellen helfen hierbei in der Regel nicht, da ein Rückgriff auf diese entsprechenden Transparenzregelungen unterliegt – somit hätte im Vorfeld agiert werden müssen.
In Frage kommt sodann noch die Wiederlegung des Verdachts der Zahlung marktunüblicher Preise durch ein Marktgutachten.
Was droht konkret?
Bei Vorliegen einer rechtswidrigen Beihilfe, liegt das Risiko darin, dass die EU- Kommission eine Beihilfenrückforderung veranlasst. Zudem droht die Nichtigkeit des Vertrags (§ 134 BGB) mit entsprechenden rechtlichen Konsequenzen – wie etwa der Rückabwicklung des Vertrags.